Also habe ich es gehört:

1. DUKKHA, die Wahrheit vom Leiden

Millionen, ja Milliarden von wehrlosen Tieren werden in diesem Augenblick aufs brutalste gequält, unterdrückt, vergewaltigt.

2. SAMUDAYA, die Wahrheit von der Entstehung des Leidens

Dieses Leiden wird hauptsächlich durch Menschen (inklusive Buddhisten) verursacht.

3. NIRODHA, die Wahrheit von der Aufhebung des Leidens

Dieses Leiden kann jede/r einzelne von uns verringern.

4. ASHTANGIKA-MARGA, die Wahrheit vom Weg, der zur Erlösung des Leidens führt

Es gibt Wege, aktiv mitzuhelfen, dieses Leiden zu lindern; namentlich:

 

SAMYAG-DRISHTI, vollkommene Erkenntnis

Erkenntnis der vier edlen Wahrheiten (s. oben) und
der Unpersönlichkeit des Daseins (Anatman).

Der erste - und schwierigste - Schritt besteht darin, sich über Ausmaß und Ungeheuerlichkeit des institutionalisierten Verbrechens gegenüber den Mitgliedern anderer Spezies zu informieren. Ohne dieses Wissen fehlt sowohl die Motivation als auch die Fähigkeit, einen sinnvollen Beitrag zur Linderung des Leidens zu leisten. Direkte, persönliche Erfahrungen an den Orten des Geschehens zu machen wird zunehmend schwieriger: Nach den Versuchslabors werden auch die Tierfabriken mehr und mehr wie Gefängnisse und Konzentrationslager mit hohen Stacheldrahtzäunen, Hunden und Alarmanlagen bei Tag und Nacht bewacht. Dafür gibt es heute eine Menge ausgezeichneter Literatur, Bildmaterial, Videos.

Zu erkennen gilt es im weiteren auch die weitreichenden, schweren Folgen, die unser übermäßiger Fleischkonsum auf unsere Gesundheit, die Mitwelt und die Hungernden der sogenannten 3. Welt hat.

Wenn ANATMAN, die Unpersönlichkeit des Daseins, wirklich verstanden ist, dann sehen wir die ganze Welt als einen einzigen Organismus, einen Körper. Hier helfen wir anderen leidenden Wesen mit der gleichen spontanen Selbstverständlichkeit, mit welcher die Hand dem bedrängten Fuß zu Hilfe eilt. Befreiung von der Illusion eines unabhängigen Selbst ist zugleich tiefste Verbundenheit und Mitgefühl für alle Wesen.

 

SAMYAK-SAMKALPA, vollkommener Entschluß

Entschluß zu Entsagung, Wohlwollen und Nicht­
Schädigung von Lebewesen.

Der zweite Schritt fließt ganz natürlich aus dem ersten, der Erkenntnis, dem Wissen um die vielschichtigen Folgen unseres Konsumverhaltens. Das ENTSAGEN bezieht sich denn auch in erster Linie auf das Verzehren von Fleisch. Der Verzicht auf Fleisch ist für die meisten von uns bei weitem die wichtigste und wirksamste Möglichkeit den Tieren zu helfen, unserer Gesundheit zu dienen, die Umwelt zu heilen und die Hungernden zu sättigen.

Allerdings muß man wissen, daß auch die übrigen tierischen Produkte mit weit mehr Leiden belastet sind als andere, pflanzliche Nahrungsmittel. Milchkühe z.B. müssen heute häufig 365 Tage im Jahr an einer kurzen Kette, unter einem elektrisch geladenen Stab (dem sog. Kuhtrainer) ohne jede Fortbewegungsmöglichkeit oder Sozialkontakt, auf kaltem, hartem Boden ihr Dasein fristen. Lebenslänglich. Ihre Jungen werden ihnen sofort nach der Geburt weggenommen.

Ist der Entschluß, möglichst wenig Lebewesen zu schädigen, erst einmal gefaßt, dann befinden wir uns bereits auf einer phantastischen, unendlichen, aufregenden, glückbringenden und oft auch mit Strapazen verbundenen Entdeckungsreise voller Überraschungen. Haben Sie z.B. schon einmal miterlebt, wie die Daunen für unsere kuscheligen Daunendecken und Jacken. den Gänsen bei lebendigem Leib ausgerissen werden?

 

SAMYAG-VÃCH, vollkommene Rede

Vermeiden von Lüge, übler Nachrede, Geschwätz

Positiv formuliert heißt das in unserem Fall: Sprich darüber, durchbrich das Schweigen, nenne die Dinge beim Namen. Vollkommene Rede geht weit über Worte hinaus; sie ist das, was wir durch unser ganzes Leben mitteilen.

Ich habe es mir z.B. zur Angewohnheit gemacht, mich jedesmal zu verbeugen, wenn ich bei einer Tierfabrik, ob klein oder groß, vorbeikomme. (Was, wenn man erst einmal dafür sensibilisiert ist, erschreckend häufig der Fall sein kann.) Abgesehen davon, daß es mir ein Bedürfnis ist, welchem ich auch dann nachkomme, wenn ich alleine unterwegs bin, hat diese Art der Rede schon manche fruchtbare Diskussion in Gang gebracht.

 

SAMYAK-KARMANTA, vollkommenes Handeln

Vermeiden von Handlungen, die gegen die Sittlich­keit verstoßen

Ein Freund aus dem Lager der engagierten Tierschützer fragt: wie weit sollen wir gehen? Konfrontiert mit der Ungeheuerlichkeit und dem Ausmaß des Verbrechens an den Tieren einerseits und der weitverbreiteten Gleichgültigkeit der Mitmenschen andererseits, drängt es die Bodhisattvas (die meisten von ihnen haben dieses Wort noch nie gehört) zum aktiven Einsatz, zum konkreten Handeln. Ich glaube, wir sollten so weit gehen, wie uns das Mitgefühl (für alle Wesen, inklusive der Folterknechte) leitet, aber nicht so weit, wie uns Haß, Frustration oder Rache oft treiben möchten. Keine Gewalt gegenüber Lebewesen, scheint eine gute Faustregel zu sein. Für Tierbefreiungsaktionen oder zum Beschaffen von Beweismaterial gelegentlich gesetzesbrüchig zu werden, bereitet mir wenig Bauchschmerzen. Wo Unrecht zum Recht wird, wird Widerstand zur Pflicht. An ihrem Handeln sollt ihr sie erkennen.

Aber selbst als aktiver Tierschützer besteht mein wichtigster Beitrag immer noch im Vermeiden von Handlungen, die gegen die Sittlichkeit verstoßen, d.h. dem Verzehr von Leichen und Leichenteilen.

(Diese Interpretation der Vier Edlen Wahrheiten erhebt keinerlei Anspruch auf Wissenschaftlichkeit oder traditionelle Korrektheit. Die Sanskrittermini entnahm ich dem Buch: Lexikon der Östlichen Weisheitslehren. 0.Barth 1994. )